Willkommen bei Teil II unseres Interviews mit René Lobnig (CIO von Swiss Life Select Österreich): Was haben Einstein und Warren Buffett gemeinsam, oder: Warum es sich lohnt, beim Investieren einen kühlen Kopf zu bewahren? Jetzt weiterlesen ...
Die globale politische und wirtschaftliche Lage ist chaotisch. Warum sollte ich genau jetzt anfangen zu investieren?

Unser Ziel ist es, rational zu bleiben und unsere Kundinnen und Kunden dazu zu ermutigen, genau das auch zu tun. Gerade in schlechten Phasen eröffnen sich oft Chancen – wer ruhig bleibt und strategischhandelt, kann davon profitieren. Der sogenannte „Sentiment Indicator“ wertet professionelle Börsenbriefe aus und misst, wie viele davon positiv oder negativ für den Markt eingestellt sind. Ein Beispiel: Wenn die Stimmung – wie aktuell etwa im Zusammenhang mit Trump – überwiegend negativ ist, dann ist das oft ein guter Zeitpunkt einzusteigen. Denn wenn kaum jemand optimistisch ist, kann es in der Regel nur besser werden.
Worauf sollte ich noch achten, wenn ich mit dem Investieren beginne?
Für alles, wofür ich Zinsen oder Rendite erwarte, gibt es auch ein Risiko – ein komplett sicheres Investment gibt es nicht. Diversifikation ist dabei ein zentraler Punkt: Das Risiko wird auf verschiedene Anlagen verteilt, um Verluste abzufedern. Außerdem empfehlen wir, nicht alles auf einmal zu investieren, sondern – vor allem bei stark schwankenden Kursen – ratierlich vorzugehen. Das ist zwar nicht immer optimal für die Rendite, aber wichtig für die Risikokontrolle. Ein Sparplan hilft dabei, den Zeitfaktor zunutzen.
Zeit ist beim Investieren ein entscheidender Hebel – der sogenannte Zinseszinseffekt, den Albert Einstein als das „achte Weltwunder“ bezeichnet hat. Je mehr Zeit ich meinem Investment gebe, desto geringer ist das Risiko und desto besser die Performance. Das meinen wir, wenn wir sagen, wir lassen ein Investment „arbeiten“.
Wichtig ist außerdem, rational zu denken und auf den positiven Erwartungswert zu achten. Der Satz „This time is different“ funktioniert nicht – langfristig wiederholen sich Marktmechanismen.
Unser Portfolio wirkt vielleicht langweilig, weil wir langfristig und strategisch investieren. Aber das Prinzip „hin und her macht Taschen leer“ gilt nach wie vor.
In deinem Gastkommentar für Leadersnet Österreich schreibst du: “Kurzfristige Marktbewegungen sind niemals prognostizierbar, Investorinnen und Investoren leben zu gerne in der klassischen Prognoseillusion.” Was meinst du damit?
Wir werden so oft nach Prognosen gefragt, das gehört fast schon zum Ritual in unserer Branche, gerade zum Jahreswechsel. Aber ehrlich gesagt: Das funktioniert so nicht. Ich kann immer nur sagen, was heute rational zu tun ist. Alles andere ist ein Marketing-Gag, ein Blick in die sprichwörtliche Kristallkugel. Niemand kann mit Sicherheit sagen, wohin sichdie Märkte entwickeln oder was konkret passieren wird. Unser Vorteil liegt darin, dass wir einen strategischen Fokus verfolgen: Wir setzen auf gute Qualität zu fairen Preisen und agieren dabei rational und langfristig. Diese Langfristigkeit ist kein leeres Versprechen, sondern lässt sich auch konkret nachweisen. Das gibt unseren Kundinnen und Kunden Orientierung und Vertrauen, gerade in unsicheren Zeiten.
Was sind die größten Missverständnisse oder Mythen beim Investieren?
Ein weit verbreitetes Missverständnis ist die Annahme, man könne den Markt gezielt timen. Gerade Kleinanleger versuchen oft, den „richtigen“ Moment zum Ein- oder Ausstieg zu erwischen – aber das funktioniert in der Regel nicht. Man ist fast immer zu spät dran, weil Märkte sich nicht planbar verhalten. Niemand kann dauerhaft vorhersagen, wann es rauf oder runtergeht.
Ein gutes Bild dazu kommt von Warren Buffett, der für viele ein Vorbild ist: Er investiert nicht, um den Markt zu schlagen, sondern weil er an den langfristigen Substanzwert glaubt. Dieser Substanzwert ist aber nicht identisch mit dem täglichen Marktpreis – „Mister Market“ schwankt, kommt aber auf lange Sicht ans Ziel. Tagesaktuelle Bewegungen lassen sich nicht kontrollieren – wir leben in einem System voller Zufälle, ein sogenannter „random walk“. Wichtig ist, trotzdem auf Kurs zu bleiben.
Ein weiterer Mythos: Dass persönliche Vorlieben gute Investmententscheidungen ergeben. Nur weil man ein Unternehmen sympathisch findet oder dessen Produkte nutzt, heißt das nicht automatisch, dass es ein gutes Investment ist. Emotionen können hier täuschen. Und noch ein Punkt: Selbst Profis liegen nicht immer richtig – wer bei 60 Prozent der Entscheidungen richtig liegt, macht einen sehr guten Job. Perfektion ist also kein realistisches Ziel beim Investieren.