Ist Veranlagen in unsicheren Zeiten überhaupt eine gute Idee und zahlt sich der Aufwand nach Inflation und Spesen überhaupt aus? Klaus Zeltner – Senior Portfolio Manager in der Select INVESTMENT – erklärt, wie du dein Geld am smartesten anlegst.

Du hast 20 Jahre Erfahrung als Portfolio Manager und im Bereich Private Banking / Wealth Management, hast also viele Markt-Entwicklungen und Trends miterlebt. Kannst du ein paar Meilensteine herauspicken und uns verraten, welche Parallelen es zum Status Quo gibt?

Die große Finanzkrise von 2007 und 2008 war sicherlich ein besonders schmerzhaftes Erlebnis. Man konnte sich nicht mehr auf Ratings verlassen, die Märkte haben über Monate irrational agiert und große „unsinkbare“ Schiffe wie Lehman Brothers sind wie die Titanic doch gesunken. Daraus habe ich gelernt, viel mehr auf Risiken zu achten. Auch das Thema Liquidität bzw. ob bei mangelnder Liquidität eine Prämie bezahlt wird, ist viel wichtiger geworden. Damals wurden große Immobilienfonds bzw. Vehikel mit illiquiden Produkten geschlossen und das passiert gerade wieder. Immer, wenn viele Investoren beim selben Ausgang hinausmöchten, wird es eng!

Young family with baby worried about family budget and high taxes and bills. Inflation concept.

Situation 1:

Ich beginne mit meiner Finanzplanung und damit, mir einen finanziellen Polster aufzubauen. Was rätst du mir?

Investiere kostengünstig, am besten per Sparplan, in einen global anlegenden ETF. Damit bist du in der langfristig beste Asset-Klasse investiert und kannst Kursschwankungen durch den Sparplan (Stichwort: Cost-Average-Effekt) ausgleichen. 

Situation 2:

Ich habe in den letzten fünf Jahren in drei Fonds investiert (Rohstoffe, Konsumgüter und ein Nachhaltigkeitsfonds). Abzüglich Gebühren und Ausgabeaufschlag bin ich mit ihnen schlechter ausgestiegen als mit einem Sparbuch. Angesichts der gestiegenen Sparzinsen möchte ich sie loswerden und auf ein Sparbuch umsteigen. Eine gute Idee?

Ein Sparbuch bietet eine gute Möglichkeit, den „Notgroschen“ zu parken, ist jedoch kein gutes Vehikel für langfristigen Vermögensaufbau. Nach Abzug der Inflation sinkt die Kaufkraft auf einem Sparbuch trotz der gestiegenen Zinsen. Es lohnt sich, von Zeit zu Zeit die eingegangenen Fondsinvestments zu überprüfen, jedoch sollte der langfristige Horizont von 10 Jahren und mehr beachtet werden. Die Verlustrisiken sinken mit zunehmender Investitionsdauer. Langfristig bieten Aktien und Rohstoffe ein sehr gutes Wertpotenzial, auch wenn gerade die letzten fünf Jahre durch die Pandemie, steigende Zinsen und Inflation sowie den Ukraine-Krieg außergewöhnlich schwierig waren. Gründe zu Ausstieg oder Nicht-Einstieg finden sich immer, langfristig bringen Aktien jedoch attraktive reale Wertzuwächse.

Es heißt ja, dass man in Zeiten der Inflation auf dem Sparbuch Geld verliert, weil der Wertverlust höher ist als die Sparzinsen. Wenn ich jedoch in Aktien, Fonds etc. investiere, muss die Wertsteigerung nicht nur die Inflation, sondern auch alle Gebühren abdecken. Wie geht sich das aus?

Auch wenn die Historie kein Indikator für die Zukunft sein muss, brachten Aktien und Fonds in der Vergangenheit speziell über einen langen Anlagehorizont Erträge über der Inflation und den Kosten. Die Inflation kann man als Investorin oder Investor nicht kontrollieren, aber bei den Kosten sollte man immer genau hinsehen. Nicht zuletzt aufgrund der gestiegenen Kostensensibilität haben die passiven Investments (ETFs) in den letzten Jahren massiv an Kundeninteresse gewonnen. Für Verwaltungsgebühren von 0,1 % pro Jahr im ETF kann man schon in globale Aktien investieren.

Kürzlich las man, dass Warren Buffett Bargeld in dreistelliger Milliardenhöhe horten soll, weil er Probleme für die US-Wirtschaft vorhersieht. Ist es auch Zeit für uns, Scheine unter der Matratze zu horten?

Bei Warren Buffett sprechen wir von einem der besten langfristigen Investoren der Welt. Wenn er Geld hortet, dann wird dies im nächsten Aktienmarktrücksetzer für neue Investments verwendet. Speziell US-Aktien sind teuer bewertet, sodass ein Value Investor wie er neben der Analyse der Geschäftsmodelle vor allem auf den Preis achtet. Etwas Pulver trocken zu halten, um im Rücksetzer diszipliniert zu kaufen, ist auch unsere Strategie in der Select INVESTMENT (Vermögensverwaltung by Swiss Life Select Österreich). Wir haben auch wie Warren Buffett den langen Atem, um auf die immer wieder kommenden Gelegenheiten bei Aktienmarkt-Rückgängen zu warten.

Du zählst die Nationalökonomen Ludwig von Mieses und Friedrich August von Hayek zu deinen Inspirationen. Wie würden sie momentan ihr Geld anlegen?

Das ist eine spannende Frage. Ich denke, es würde auf jeden Fall Gold sein. Gold ist nicht wie „Fiat-Geld“ durch Staaten bzw. Zentralbanken manipulierbar und daher das einzige „echte“ Geld. Alles andere ist nur Kredit, in der Hoffnung, dass der Staat mir für das bunt bedruckte Papier auch etwas gibt.

Andererseits würden sie in nachhaltig erfolgreiche Geschäftsmodelle mit kompetitivem Vorteil, Preisbesetzungsmacht und möglichst niedriger Verschuldung investieren. Familienunternehmen, in denen die Führung selbst im eigenen Unternehmen investiert ist, wären sicherlich spannende Investitionsziele für die beiden Nationalökonomen – also Unternehmen, die sensibel mit Geld von Investorinnen und Investoren umgehen und die in Generationen denken und nicht in Quartalsergebnissen.

Was würdest du niemals tun?

Ich würde niemals einen „heißen“ Finanztipp umsetzen, ohne selbst Research zu machen bzw. mir eine eigene Meinung zu bilden. Alle Investments, die ich nicht verstehe, werde ich nicht kaufen. Es gilt auch beim Investieren das KISS Prinzip – „Keep it simple & stupid“. Gute liquide Investments in Fonds, Aktien, Anleihen, die man versteht.

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Welche Bücher bzw. welche Online-Quellen empfiehlst du mir, wenn ich mich in die Materie Veranlagung einlesen will?

Peter Lynch: One Up on Wall Street
George Soros: Alchemie der Finanzen
Benjamin Graham: Security Analysis
Nassim Taleb: Der schwarze Schwan und Antifragilität
Mark Spitznagel: Das Tao des Investierens

Danke, Klaus, für das nette und aufschlussreiche Gespräch. Es ist sehr spannend zu sehen, worauf Profis bei der Anlage achten.

Hinweis: Dieser Beitrag darf nicht als Anlageberatung verstanden werden und ersetzt eine solche auch nicht. Diese ist immer abhängig von den individuellen Umständen.

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